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Analyse

Moderne kapitalistische Gesellschaften sind geprägt von Arbeits- bzw. Erwerbslosigkeit, einer zunehmenden Kluft zwischen Arm und Reich, hoher Staatsverschuldung, Schädigung bis Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, Hang zu Wirtschaftsmonopolen. Sie zeichnen sich zudem durch ein hohes Maß an Instabilität aus, z.B. durch starke Konjunkturschwankungen, aus dem Ruder gelaufene Finanzmärkte, Vermögenspreisinflation und (bisher noch schleichende) Verbraucherpreisinflation - bei gleichzeitiger Deflationsgefahr. Diese Symptome sind inzwischen in einem Maße globalisiert, dass fast jedes Land der Welt wenigstens teilweise direkt betroffen ist.

Für jedes dieser Symptome gibt es selbstverständlich mehrere Ursachen. Eine eindimensionale Analyse kann also keine Grundlage für die Lösung sämtlicher gesellschaftlicher Probleme darstellen, dessen sind wir uns bewusst.

Dennoch richten wir im Folgenden den Fokus auf wenige Ursachen, die unseres Erachtens die bedeutendsten sind, allerdings bisher in der Öffentlichkeit wenig Beachtung finden: Die kapitalistische Wirtschaftsform ist im Wesentlichen durch zwei strukturelle Monopole gekennzeichnet, im Geldwesen und in der Eigentumsordnung der natürlichen Ressourcen (Boden, Bodenschätze, Wasser, Luft ...). Diese verhindern, dass sich Vorteile der Marktwirtschaft voll entfalten können. Sie sind der Motor des permanenten Expansionskurses, der diese Probleme auch noch exportiert und tragen wesentlich zu den oben beschriebenen Symptomen bei. So wurden und werden Natur und Kultur anderer Länder bzw. Völker zerstört, die bis vor wenigen Generationen weder Marktwirtschaft noch Kapitalismus noch Sozialismus kannten, und ohne diese gut auskamen.

Geld regiert die Welt

Dieses Sprichwort ist so bekannt, wie seine Aussage einen unhaltbaren Zustand beschreibt. Geld ist ein vom Menschen gemachtes Medium. Es sollte also dem Menschen dienen wie andere Mittel, die sich der Mensch im Laufe der Geschichte geschaffen hat.

Dem Geld werden im Wesentlichen drei Funktionen zugeschrieben: Es ist Tauschmittel, Wertaufbewahrungsmittel und Vergleichsmaßstab. Unsere Analyse beginnt hier mit der Feststellung, dass es einen Widerspruch zwischen der Tauschmittel- und der Wertaufbewahrungsfunktion gibt: Aufbewahrtes Geld wird eben gerade nicht als Tauschmittel verwendet und umgekehrt. Würden alle Einkommensbezieher jeden Monat einen Teil ihrer Einkünfte in bar sparen, würde die tauschaktive Geldmenge stetig sinken, was sich in sinkenden Preisen (Deflation) niederschlagen würde. Eine Wirtschaftskrise wäre die Folge.

Der einzige Weg, nicht für Konsum ausgegebenes (= gespartes) Geld wieder in Umlauf zu bringen, ist der Kreditweg. Der Sparer gibt einen Kredit, er spart also nicht in Geld, sondern in Ansprüchen auf Geld (Geldanlagen: Einlagen bei Banken, Privatkredite, Wertpapiere, ...), die er später wieder einlösen kann, wenn er selbst das Geld benötigt, z.B. für den Ruhestand, größere Anschaffungen etc. Unterdessen benutzt der Kreditnehmer das geliehene Geld als Tauschmittel. Der Geldkreislauf ist geschlossen. Soweit so gut. Oder nicht?

Auf diese Weise schließt sich der Kreis nur, wenn auf dem Kreditmarkt die Nachfrage gleich dem Angebot ist. Der Ausgleich erfolgt über den Kreditzins. Gewinne sind – wie bei den Gütermärkten – nur möglich, wenn eine Marktseite über „Marktmacht“ verfügt, d.h. wenn Monopolstrukturen existieren. Nun gibt es auf dem Kreditmarkt viele Anbieter (Sparer), und viele Nachfrager (Kreditnehmer) d.h. allein von deren Anzahl kann hier kein Monopol hergeleitet werden.

Aber: Das Geld selbst vergeht nicht (bei Nullinflation) und ist jederzeit in beliebige Waren umtauschbar. Diese Eigenschaft des Geldes verleiht dem Eigentümer, der das Geld nicht unmittelbar für Konsumzwecke benötigt, also dem Sparer, die Macht, sein gespartes Geld eben nicht auf dem Kreditweg als Tauschmittel wieder zur Verfügung zu stellen. Es sei denn, es springt eine angemessene Prämie für den Verzicht auf die oben genannten Vorteile heraus. Diese Verzichtsprämie wird also immer im Kreditzins enthalten sein. Sie ist der Monopolgewinn aus dem strukturellen Monopol des Geldes, welches sich auf der Angebotsseite auf dem Kreditmarkt befindet.

Die Folgen

. in einer nicht mehr wachsenden Volkswirtschaft (= mit tendenziell niedrigen Zinsen):

a) Der Zins bleibt auf Höhe der Verzichtsprämie „hängen“:

Der Gläubiger (Sparer) kann sich leistungsloses Einkommen ausbedingen, welches der Kreditnehmer erarbeiten muss. Ist der Kreditnehmer ein Unternehmen, wird er sich diese Kosten von seinen Kunden holen. Somit sind alle Menschen als Konsumenten Zinszahler, aber nur wenige haben per Saldo Zinseinkünfte. Zudem wachsen durch die ständig positive Verzinsung gesamtgesellschaftlich Guthaben und – spiegelbildlich – Schulden exponentiell an, und damit auch die Zinsströme zu den Gläubigern. Es kommt zu Verteilungskonflikten, so genannte „Sachzwänge“. Arbeitnehmer müssen entlassen, die Löhne gekürzt und staatliche Leistungen eingeschränkt werden. Arbeitslosigkeit und Armut sind programmiert.

b) Der Zins sinkt tatsächlich gegen Null:

Die Sparer erhalten keine angemessene Verzichtsprämie mehr und legen ihr gespartes Geld nicht mehr langfristig an. Es wird zunehmend spekuliert. Damit gibt es einerseits weniger langfristige Investitionen, was die Arbeitsmarktsituation verschärft, andererseits bilden sich Finanzblasen, die früher oder später platzen, mit all den bekannten krisenhaften Folgeerscheinungen: wieder Arbeitslosigkeit, Verunsicherung, explodierende Staatsverschuldung.

Real ist zu beobachten, dass sich der Zins zwischen Verzichtsprämie und Null bewegt, und sich daher die beschriebenen Effekte alle mehr oder weniger gleichzeitig einstellen.

Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma ist, die Wirtschaftsleistung im Gleichschritt mit den Zinslasten – also ebenfalls exponentiell – zu steigern. Daher die Rufe der Politiker fast sämtlicher Couleur nach mehr Wachstum. Dass dies unweigerlich in eine ökologische Krise führen muss, liegt auf der Hand.Zusammengefasst: Unser heutiges Geld ist nicht verteilungsneutral. Mit ihm ist die Weltgemeinschaft langfristig auf ökonomischen, sozialen und/oder ökologischen Zusammenbruch programmiert.

Nutzung und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen – eine Frage des Eigentums

Die natürlichen Ressourcen – Boden, Wasser, Luft, Bodenschätze, ... – als Geschenke der Erde sind größtenteils nicht mehr allgemein verfügbar, sondern Privateigentum. Daher kommen immer weniger Menschen in den Genuss dieser Geschenke. Da sie die Grundlage des Lebens und Wirtschaftens darstellen, wächst bei wachsender Bevölkerung auch die Nachfrage nach ihnen. Wir bezahlen daher für die Nutzung der Ressourcen steigende Preise, die nur den Eigentümern zugute kommen. Die Preissteigerung kann nicht durch Ausweitung des Angebots gebremst werden, weil die natürlichen Ressourcen nicht durch menschliche Arbeit vermehrbar sind. Die Naturgüter sind daher nicht einfach marktfähig, sondern die bedeutendsten strukturellen Monopolgüter. Sie ermöglichen dem Eigentümer entsprechende leistungslose Monopolrenten.

Zum Beispiel zahlen alle Pächter von Grundstücken (Haushalte, Unternehmen, ...) an die Grundeigentümer. Die Unternehmen müssen diese Kosten in ihre Preise kalkulieren, sodass letztlich alle Pacht von den privaten Hauhalten – also von uns allen – gezahlt wird. Sie kommt nur relativ wenigen Grundeigentümern zugute. Die Kosten der Baugrundstücke liegen heutzutage fast bei einem Drittel der gesamten Immobilienpreise. Ihr Anteil allein an den Mieten beträgt um die 20 bis 25 Prozent! Um die Pacht kommt nur herum, wer (zumindest) den selbst genutzten Grund und Boden geerbt hat. Wer das Grundstück erst kaufen muss, bezahlt die Pacht im Nachhinein als Zinsen für den Kredit an die Gläubiger (siehe Analyse des Geldwesens). Erben von mehr Boden, als sie selbst nutzen, gehören zu den Gewinnern der heutigen Bodenordnung. An sie wird Pacht gezahlt.

Zusammengefasst entscheidet heutzutage der Zufall der Geburt darüber, ob man für sein Dasein auf Erden bezahlen muss, oder ob man von anderen dafür bezahlt wird. Die heutige Boden- bzw. Ressourcenordnung wirft damit ein existenzielles Verteilungsproblem hinsichtlich der Erträge auf.

Außerdem wird in Verbindung mit der Geldproblematik der Ressourcenverbrauch beschleunigt, da gilt: Je höher die Zinsen, desto lukrativer erscheinen heutige Erträge gegenüber zukünftigen Erträgen. Bei zunehmender erwarteter Knappheit eines Rohstoffs wird der Abbau dennoch erst vermindert, wenn die erwartete Preissteigerung höher als die Verzinsung des aktuellen Geldertrags ist. Daraus resultiert die Verschwendung bzw. Überbeanspruchung der Ressourcen.

Wegweisend ist die Wiederbelebung der Allmende in neuer Form, d.h. dass prinzipiell alle Menschen gleichberechtigt Zugang zu Land und Ressourcen bekommen sollen. Dies gelingt über eine Pro-Kopf-Rückverteilung der staatlich abgeschöpften Renten aus Boden und Ressourcen. So bekommt jeder Mensch seinen Anteil. Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung und Übernutzung (wie z.B. Öko-Abgaben) werden so politisch leichter durchsetzbar, weil sie im Interesse aller sind und niemand übervorteilt oder benachteiligt wird.