Seit Jahrzehnten haben Lobbyisten erfolgreich verhindert, dass in Parlamenten und Medien kritisch hinterfragt wird, wie über Bodenbesitz Wohlstand und Reichtum umverteilt werden. Mieten und Pachten steigen unaufhörlich im Gleichschritt mit den Aktienwerten der Großgrundbesitzer. »Warum stehen in Großstädten, in denen Menschen teils verzweifelt eine Bleibe suchen, Tausende von Wohnungen leer? Was zunächst als Knirschen im Getriebe des Marktes erscheint, erweist sich bei näherem Hinsehen als fulminantes Geschäft«, beschreibt Matthias Holland-Letz die Situation. Die Bodenpreisentwicklung und die damit verbundene Ausbeutung der Bevölkerungsmehrheit durch die kleine Kaste der Besitzenden hat eine Dimension erreicht, die den Zusammenhalt unserer Gesellschaft bedroht. »Erhebungen zeigen, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung Wohnen mit Angst verbindet. Nämlich dass sie die Wohnung nicht mehr bezahlen können«, zitiert er einen Stadtplaner.
Der Beitrag macht deutlich, dass es nicht damit getan ist, vereinzelte Auswüchse und krasse Einzelfälle anzuklagen. »Spekulativer Leerstand erweist sich als kleine Schwester des großen Geschäfts mit dem Boden, dass in Deutschland viel zur wachsenden Ungleichheit beigetragen hat.« Sein Fazit ist optimistisch, wenn er zu dem Schluss kommt, es »scheint etwas in Bewegung gekommen zu sein«. Es geht darum, die »Spekulation mit Boden auszutrocknen. Ein Hebel könne eine entsprechende Gestaltung der Grundsteuer sein«, zitiert er das bundeseigene Institut für Bau- Stadt- und Raumforschung.
Einen ähnlichen Eindruck vermittelt die Sendung hart aber fair mit Frank Plasberg »Wie radikal soll Wohnungspolitik sein?« vom 8. März 2021. Der kritische Zuschauer kommt kaum umhin zu akzeptieren, dass es darum geht, den privaten Spekulationsgewinn am Boden abzuschöpfen. Man fragt sich am Ende der Sendung allerdings verwundert, warum Grünen- und Linke-Politiker*innen sich so gerne auf offensichtlich wirkungslose und kontraproduktive Maßnahmen einlassen, wie es der Berliner Senat vormacht.
Dabei hat es der Berliner Senat mit seinen Mehrheiten seit Jahren in der Hand, die Spekulationsgewinne über eine wirkungsvolle Grundsteuer komplett abzuschöpfen und diese Einnahmen pro Kopf an die Bevölkerung zurückzuverteilen. Damit würde allen Mietern, allen Menschen mit geringen Einkommen und insbesondere allen Bedürftigen unmittelbar und spürbar geholfen werden. Eine effektive Grundsteuer würde über die Kosten jedweden Leerstand von Wohnraum verteuern und damit unattraktiver machen. Gleichzeitig würde die Pro-Kopf-Rückverteilung der Einnahmen überproportional jenen zugute kommen, die einen geringen Lebensstandard haben und mit wenig Geld über die Runden kommen müssen. Menschen, die sich Zweit- und Drittwohnungen leisten, würden dagegen automatisch stärker finanziell belastet - ein einfaches Mittel, das sowohl ökologisch, unbürokratisch, marktwirtschaftlich und sozial ausgleichend wirken würde. Man könnte es als Wunder der Meinungsmanipulation beschreiben, dass ein solch einfacher Ansatz in keiner der drei Berliner Regierungsparteien ernsthaft verfolgt wird.
Lesen Sie hierzu auch: »Linker Plan gegen Bodenspekulation?«, »Mauer des Schweigens«, »Solidarisch aus der Krise - Jetzt Boden-Soli einführen!« und »Grundsteuer: Zeitgemäß!«
Klaus Willemsen, 09.03.2021
Verwendete Quellen:
www.inwo.de/medienkommentare/linker-plan-gegen-bodenspekulation/
www.inwo.de/medienkommentare/mauer-des-schweigens/
www.inwo.de/grundsteuerreform-aktuell/the-day-after-grund-solidarisch-aus-der-corona-krise/